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Zwei Wochen Urlaub?! in der Werft

Nach einer wie immer freudigen straureichen Autofahrt hatten wir die Werft in Kiel erreicht und konnten es kaum erwarten loszulegen!

 

Der Teppich aus den Kabinen war schnell rausgerissen, aber darunter: Teppichkleber auf GFK und Sperrholz. 2 Tage lang Kleber entfernen mit Spachteln, Bürsten, Chemie, Multitool, diversen Flexaufsätzen... Ergebnis: GFK-Splitter in den Fingern, Kleber immernoch nicht rückstandsfrei entfernt...

Vor lauter Verzweiflung sind wir zwischendurch in den Baumarkt gefahren und haben PVC-Reste gekauft, die wir einfach drüberlegen wollten. Aber Frank (Werftinhaber) hat uns gerade noch davon abbringen können, da sich unter sowas noch schneller als unter Teppich Schimmel bilden würde. Das hatten wir im tiesten Inneren auch befürchtet und geahnt, aber die Verlockung das Problem schnell zu lösen hatte überwogen. Nächste Lösung: überstreichen mit Topcoat. Gesagt, getan... aber warum war es am nächsten Tag immernoch so klebrig?! Es stellte sich heraus: Die Mischung mit extra viel Härter war wohl nix, stattdessen hatten wir versehentlich Topcoat mit extra viel Parrafin statt Härter. Farbe wieder rausgewischt mit ca. 1 l Aceton und neuer Versuch, diesmal mit Härter. Ergebnis: besonders schön wurde es nicht und weiß als Bodenfarbe stellte sich als eher unpraktisch heraus. Fraaaank? Was nun? Die Antwort: Erstmal mit uns Mittagessen, Fleisch liegt auf dem Grill! Nagut okay, wir haben nicht nur gearbeitet!

Bodenproblem vertagt, denn wir sehnten uns nach einem Erfolgserlebnis. Stattdessen bereiteten wir das zu Wasser lassen vor: Mast aufgebaut mit Salingen und Radar, Baum angeschlagen, Leinen sortiert, Segel angeschlagen, Wanten gespannt. Und zum ersten Mal (seit Mika auf den Namen Mika hört und UNSERE ist) war sie ein Segelboot!

 

Am nächsten Tag sind wir in Richtung Dänemark gesegelt und es war ein Traum! Als wir konservativ gerefft die Segel setzten und die Mika ohne Ruderdruck und ohne Mühe 7 Knoten bei Halbwind fuhr! Die Sonne schien, der Autopilot hielt was der Voreigner versprach, verbrauchte kaum Strom, war nicht hörbar und wir konnten in vollen Zügen das Segeln genießen!

Am späten Abend Ankunft in Horuphavn, festmachen, Wasser tanken... Frischwasserpumpe angeschlossen und endlich kochen! Äh, Marc, da ist zwar Wasser in der Pumpe, aber irgendwie kommt nichts aus dem Wasserhahn.. Und die Bilgenpumpe läuft auch durchgehend!

Panisches Bilge aufschrauben und natürlich, das Wasser stieg! Nagut, Fehlersuche nach ca. 1 Std erfolgreich: Kein Leck im System, der Warmwasserboiler hat einen Abflussschlauch in der Bilge und der Hahn dazu war aufgedreht. Natürlich in dem Fach neben der Bilgenpumpe, sonst wäre es auch zu einfach gewesen! Hahn zugedreht und ohne weitere Störereignisse den ersten Abend zu zweit auf unserer Yacht Nachts um 1  Uhr mit Couscoussalat und Rotwein genossen!

 

Der Wetterfrosch meinte es am nächsten Tag nicht ganz so gut mit uns, oder vllt hat er uns vor Schlimmerem bewahrt. Jedenfalls kam heute das Wasser nicht von unten sondern von oben, nämlich aus der Kabeldurchführung vom Mastfuß ins Bootsinnere im Rinnsal gelaufen! Nicht getropft, es lief! Also erstmal abdichten, denn mit undichtem Boot los segeln fanden wir keine preisverdächtige Idee. Zum Glück haben wir noch Dichtungsmasse an Bord gefunden. Die war zwar vertrocknet, aber nach dem Aufsägen fand sich im Kern noch brauchbares Material. Also Kabeldurchführungen abmontiert, alte Dichtmasse abgekratzt (wir waren ja nun Profis) und alle 6 Kabeldurchführungen neu abgedichtet. Nächster Regenschauer: und siehe da, es war dicht! Was für ein Erfolgserlebnis!

 

Auf dem Rückweg nach Kiel haben wir die Am-Wind-Eigenschaften unserer Mika getestet und stellten fest: Segel gerefft hochziehen und sonst nichts tun reicht dann doch nicht ganz. Nach diversen Einstellungen von Holepunkten, Genuaschotführung etc. kann sich das Ergebnis sehen lassen.

Schon war der kurze Segelausflug rum und wir wieder in der Werft. Boot wieder klar gemacht für die Halle (Segel runter, Leinen ab, Wantenspanner los, Wassertanks leeren, Boot rauskranen, Mast abbauen) und schon war wieder ein ganzer Tag um.

 

Nächste Projekte: Risse im Gelcoat an Deck reparieren und Unterwasserschiff abtragen.

Wir haben den Dremel lieben gelernt für die kleinen Risse an Deck und den Scraper inklusive Industriestaubsauger zum Abkratzen der gefühlten 10 Schichten Antifouling. Superjob, Überkopfarbeiten mit Brille und Atemschutz und nach 10 Minuten fallen einem die Arme ab vor Anstrengung!

 

Am spannendsten weil am weitreichendsten die Folgen: Kielbolzen abschrauben! Erstmal anständiges Werkzeug besorgt, alle Bolzen gefunden und freigelegt und los! Muttern runter, alle 9 Kielbolzen raus und zu Frank mit dem Ergebnis gerannt: Kein Rost!!! Nur die Muttern waren oben angerostet, weshalb wir nachsehen wollten wie sie und damit auch der Kiel von innen aussehen. Aber die Erleichterung: Wir müssen den Kiel nicht abnehmen! Wir nehmen einfach neue rostfreie V4A-Stahlschrauben und Unterlegplatten, dichten wieder ordentlich ab und fertig!

Beim Kiel wollten wir kein Risiko eingehen bei dem, was die Mika noch aushalten muss!

Leider zeigte sich außen nach dem Antifouling Abkratzen an der Dichtlippe zwischen Rumpf und Kiel etwas Rost, weshalb der Kiel nun doch ab und sandgestrahlt werden muss, aber hey, das ist das kleinere Übel.

 

Außerdem bauten wir die Ankerwinsch ab, da hierunter ein Riss im Laminat war und die Klampen, auch hier Spannungsrisse. Bei der Gelegenheit haben wir die halbe Inneneinrichtung abschrauben müssen, aber zum Glück fand sich darunter bislang keine böse Überraschung. Eine Verstärkung für die Ankerwinsch war schnell laminiert und ich stolz wie bolle auf mein erstes GFK-Epoxy-Laminat! Alles natürlich unter freundlicher Anleitung und Aufsicht von der Werft, ohne die wir verzweifelt schreiend im Kreis gelaufen wären!

 

Zu guter Letzt machten wir die Baustelle komplett indem wir 2 Decksfenster abnahmen. Wie immer: Fenster ab: halbe Stunde. Kleber und Dichtungsmasse ab: nach stundenlanger Arbeit immernoch nicht fertig.

 

In diesem Zustand verließen wir unsere Mika und können es kaum erwarten sie wieder zu sehen und die ganzen eröffneten Baustellen zu Ende zu bringen. Wir haben beide in unseren Ärzteleben noch nie so viel gearbeitet in zwei Wochen und trotzdem fühlten wir uns erholt und das Ende kam wie in jedem Urlaub viel zu schnell.. (auch wenn man sich beim Unterwasserschiff abkratzen doch gefragt hat, warum man als einziger Idiot nicht mit Cocktail am Strand liegt wie jeder andere)

 

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