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Sind wir wirklich schon in Frankreich?

In Scheveningen mussten wir erstmal unsere Reparaturen fortsetzen und haben uns dafür zwei Tage Zeit genommen. Das neue Klo wurde eingebaut und wie erwartet passte nichts auf Anhieb.

Altes raus, kein Problem. Die alten Löcher konnten sogar fürs neue Klo wieder verwendet werden, klingt einfach. Aber durch die alten Schraubenlöcher war Wasser in den Holzkern unseres GFKs gelaufen, also haben wir nach alter Bootsbauermanier unser Epoxy ausgepackt, die Löcher großzügig aufgebohrt bis trockenes Holz kam, mit Epoxy aufgefüllt und darein neue Löcher gebohrt. Nun ist das neue Klo wasserdicht verschraubt und bombenfest, wunderbar. Nur gingen die alten wenig flexiblen Schläuche nicht so einfach an die neuen Anschlüsse, Klo wieder raus, Schläuche umgelegt, Klo wieder rein. Endlich dicht. Tag vorbei.

 

Am nächsten Tag haben Marc und Armin unsere Navi Ecke neu gestaltet. Das neue Funkgerät musste rein, mehrere alte und kaputte Geräte konnten weichen. Währenddessen habe ich alles vorbereitet um in den Mast zu steigen, denn das neue Ankerlicht funktionierte nicht.

Am Abend war alles erledigt und wir konnten mit dem tollen neuen Funkgerät und einem neuen Klo unsere nächste Nachtfahrt beginnen.

 

Ach ja, beim Motorcheck vor dem Start fiel uns mal wieder der Keilriemen auf, der trotz Nachspannen nicht ausreichend gespannt schien. Also haben wir bei der Gelegenheit noch schnell einen neuen Keilriemen eingebaut, wir hatten ja zwei als Ersatz an Bord.

 

Eigentlich wollten wir nach Belgien, aber wir kamen mit mehr Wind besser voran als gedacht und visierten stattdessen Calais an.

Tagsüber waren wir von Sonnenschein begleitet, nachts war die Sicht bei zunehmendem Mond auch erstaunlich gut. Aber so viel Verkehr haben wir noch nie erlebt. Meine Nachtschicht war Nervenzehrend. Ständig tauchten Fischer oder Tanker auf Kollisionskurs auf, meist von hinten, obwohl ich mich doch am rechtesten Rand eines Fahrwassers befand! Lichter führte ich regelrecht. AIS funktionierte. Aber die haben mich einfach zu spät gesehen! Ich hatte achterlichen Wind (also von hinten) und konnte nicht mal schnell nach rechts ausweichen, denn da war ein Sperrgebiet und außerdem hätte ich eine Halse fahren müssen. Das gleiche setzte sich in Marcs Schicht fort, er hat immer auf uns aufmerksam gemacht, in dem er die Segel angeleuchtet hat, vielleicht ist das eine gute Lösung.

Am Ende ging immer alles gut, aber wenn mich ein Tanker mit 13-18 Knoten mit meinen 3 Knoten bei Gegenströmung einholt und nicht zeitnah den Kurs ändert, dann werde ich nervös, denn die kommen verdammt schnell näher und ich komme verdammt langsam vom Fleck. Man kann sich nicht immer darauf verlassen, dass die anderen sich an die Vorfahrtsregeln halten, denn der Größere gewinnt...

 

Zudem musste ich lernen, dass nicht jedes Schiff AIS hat und ich daher den Segler neben mir auch erst sehr spät erkannt habe. Radar funktionierte in dieser Nacht nicht so gut wie in der Nacht davor. Immerhin mussten wir uns um das Wetter keine Gedanken machen, der Wind flaute eher ab, sodass das Segeln keine Herausforderung darstellte.

 

Am Mittag bei Hochwasser und warmen 15 Grad in Calais angekommen, war die Erleichterung spürbar und die Überraschung groß, dass wir wirklich schon in Frankreich waren. Also morgen ab durch den Ärmelkanal solang der Wind von Osten kommt und weiter nach Brest, es sind nur noch  zwei Nachtfahrten bis dahin.

Dann kommt die Biskaya, eines der schwersten und tückischsten Seegebiete überhaupt. Brecher, unerwartete lokale Windphänomene. Wer weiß, wie sich die Biskaya uns zeigt. Heute gönnen wir uns noch einen Tag Auszeit in Calais. Das Schiff fährt immernoch mit dem Werftstaub durch die Gegend, also steht eine Putzaktion an und ein paar andere Kleinigkeiten sind noch zu erledigen. Aber erstmal ins nächsten Café und französische Croissants futtern!

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Marike (Mittwoch, 17 April 2019 22:15)

    Wie schön das alles klingt! Super, von euch zu lesen, danke für die Updates!

  • #2

    Lorena (Mittwoch, 17 April 2019 23:12)

    Puuuh klingt aufregend! Habe mich gerade auch total gefreut euren neuen Eintrag zu lesen und eure Fotos zu sehen :)

  • #3

    Johannes (Freitag, 19 April 2019 09:57)

    Wie aufregend! Passt weiterhin gut auf euch auf. Freue mich auf weitere Einträge :))

  • #4

    Jenny (Sonntag, 21 April 2019 22:03)

    Ich lese fleißig mit. Bitte nicht nachlassen mit den Berichten :-) auch das von eurem Sicherheitssystem an den Westen beruhigt mich sehr.

    Bei uns ist das Wetter endlich sonnig und wir genieeeeeeeßen es draußen.
    Fühlt euch gedrückt.
    Jenny , Michi und die Kids

  • #5

    Papa Matthias (Montag, 22 April 2019 13:22)

    Das Boot kann ja jetzt fast keine Kinderkrankheiten mehr kriegen, oder? Für die Nächte bleibt die Hoffnung, dass ihr nie wieder in so engem Fahrwasser unterwegs seid, jedenfalls nicht mit so vielen Gegnern! Bin gespannt auf den neuen Törnbericht, Mast- und Schotbruch! ( keiner weiß so genau wo das herkommt?)