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Compression und Decompression

Seit wir in der Karibik sind, leben wir nach dem Prinzip „Compression or Decompression“. Das sieht dann so aus, dass nach einem ereignisreichen Tag mit großem Ausflug wie Wanderung, Stadtbesichtigung, Kajaktour oder ähnlichem ein Ruhetag folgt. Am Decompression Day gehen wir vielleicht schwimmen, ein bisschen an Land promenieren oder zum Nachbarn auf einen Drink, um gemeinsam den Sonnenuntergang zu genießen. Die Theorie ist, dass das Leben nicht nur aus Entspannung, aber auch nicht nur aus Anspannung bestehen kann, sondern seinen vollen Reiz in der Abwechslung der beiden entfaltet.

Das muss sich nicht auf Tage beziehen, sondern es kann auch "Compression-Wochen" oder "Dekompression-Monate" geben. Yin und Yang eben. Es geht uns sehr gut damit und wir werden das Prinzip in Deutschland im Alltag testen.

Als wir dann eine Bar mit dem Namen „Decompression Chamber“ fanden, fühlten wir uns von der Welt verstanden!

Ein Wechsel der Opferanoden an Propellerwelle und Propeller unter Wasser stand an und bei diesem Ankerplatz auf etwa 5m Wassertiefe traute ich mich, die Sache zu probieren. Es war nicht ganz trivial mit dem Werkzeug und den Ersatzteilen immer wieder unters Boot zu tauchen und die Strömung machte es nicht leichter, aber es gelang ohne, dass etwas auf dem Meeresgrund landete und wie man sah, es war auch Zeit!

Marc bewies ein gutes Näschen und stellte als erster fest, dass unsere eisernen Notfall-Biervorräte in der Bilge ausgelaufen sein mussten. Kaum sind wir damit seit Juni 2019 unterwegs, schon sind die Dosen hinüber. Zum Glück ist nur eine ausgelaufen, das Bier hat sich noch nicht sehr weit verteilt und die Fliegen haben es auch noch nicht spitz gekriegt, die Sauerei war also schnell beseitigt. Ein Seglerkollege, dem das gleiche passiert war, hat uns erklärt, die Dosen hätten seit 2018 noch dünnere Wändstärken als bisher und daher werde es zukünftig vielen Langfahrtseglern so ergehen.

Bevor das lang ersehnte Großsegel ankam, machten wir einen Ausflug zum Unterwasser Skulpturenpark an der Westküste Grenada's, was sehr beeindruckend war. Menschengroße Figuren aus Beton am Schreibtisch, auf dem Radl oder wie auf dem Foto im Kreis stehend, drum herum ein paar Fische im Korallenriff.

Zum Service der „Agentin“, die unser Segel für uns durch den Zoll gebracht hatte (es ging nicht ohne "agent"), gehörte auch, dass sie uns von ihrem Shop aus mit dem riesigen Paket zum Hafen fuhr, damit wir es nicht mit dem Bus durch die Mittagshitze schleppen mussten. Danke Lucie!

Es wurde gleich geheißt und die Erleichterung war groß, denn das Großsegel passte wie erhofft, nichts muss geändert werden.
Am nächsten Tag segelten wir weiter gen Norden und hatten gleich den perfekten Kurs, nämlich Am-Wind, um das neue Tuch zu testen. Es lässt sich schick trimmen und wir schafften einen besseren Wendewinkel als zuvor, wir sind also sehr zufrieden.

 

Nach zwei ruhigen Tagen und Nächten vor der unbewohnten Insel "Ronde Island" innerhalb der Danger Area des aktiven Unterwasservulkans "Kick 'em Jenny" ging es weiter nach Sandy Island.

 

Genau das ist der Ort, den man sich vorstellt, wenn man an die Karibik denkt.
Plötzlich sind fast nur noch Charterkatamarane um uns herum, meist Amerikaner oder auch Franzosen, die von ihrer Woche Urlaub ein paar Stunden oder eine Nacht hier verbringen.
 
Wir brauchen etwas länger, um die Schönheit unserer neuen Umgebung aufzusaugen. Wir haben es noch nicht eilig zu gehen, auch wenn es hier nur diese 500m lange Insel mit Palmen und weißem Sand gibt und das klare türkisfarbene Wasser. Ab und zu taucht eine Schildkröte auf oder Pelikane schießen senkrecht ins Wasser, unentwegt auf der Jagd nach Fisch - die müssen einen Stoffwechsel haben…
 
Mit dem Segelboot haben wir unseren Wohnraum zwar verkleinert und wir verbringen viel mehr Zeit auf dem Boot als damals in unserer Wohnung. Aber durch den ständig wechselnden Blick aus dem Fenster und von der „Terrasse“ scheint unser Lebensraum viel größer. Wir sind so glücklich über das, was wir uns geschaffen haben.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Matthias (Dienstag, 18 Februar 2020 15:41)

    Wahnsinnig schöne Bilder, für uns hier im Winter fast schon unverschämt ☹️, aber ich besuche Euch ja bald! Die alte versus neue Opferanode sind eindrucksvoll, aber auch, dass du das tauchend ohne Gerät geschafft hast. Ansonsten denke ich, dass das Bier doch wohl von 2019 war, ihr nur insgesamt völlig aus der Zeit gefallen seid in eurem entspannten Leben? Ich wünsche Euch noch viel dekompression und dazu passende Bars! Papa

  • #2

    Marike (Dienstag, 25 Februar 2020)

    Ihr seid definitiv im Paradies angekommen!