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Der neue Alltag

Als erstes war die Bilgenpumpe dran, denn die hatte nun schon zum zweiten Mal Probleme beim Ansaugen des Wassers und so beschlossen wir sie einfach auszutauschen. (Ich hatte nach dem Auswischen des hinteren Wassertanks mal wieder den Deckel nicht fest genug zugeschraubt, so dass dort das frisch getankte Trinkwasser oben wieder rauslief...)

 

Wir hatten Ersatz an Bord, eine Tauchpumpe, die am tiefsten Punkt der Bilge angebracht wird, deutlich mehr Leistung hat und viel leiser ist. Die alte Pumpe war eine Saugpumpe und musste zunächst Luft ansaugen, bis dann das Wasser kam, dafür müssen alle Ventile in der Pumpe einwandfrei schließen und das taten sie offenbar nicht mehr. Wir bauten die alte Pumpe auseinander, konnten zwar keine Verschmutzung oder sonstige Auffälligkeiten finden, aber vermutlich waren die Gummidichtungen der Ventile einfach alt. Da kein Bootsshop offen hatte, konnten wir keine Ersatzdichtungen kaufen und die neue Pumpe ist sowieso die bessere, wenn auch aufwendigere Lösung.

Unser Freund Machiel von Pitou konnte uns mit einem Stück Schlauch aushelfen und mit Schweiß und Fingerspitzengefühl war die Sache bis zum Mittagessen erledigt.

 

Am nächsten Tag feierte Marco von Karma seinen Geburtstag und da wir uns alle mit Abstand draußen aufhielten und ohnehin eine eingeschworene Gruppe von 10 Leuten sind, hielten wir es für vertretbar an der Feierei teilzunehmen. Jeder bringt seinen eigenen Becher mit, jedes Pärchen bekommt eine eigene Erdnussschale hingestellt und zugeprostet wird auf die Ferne. Coronaproof.

 

Darüber hinaus verbrachten wir viel Zeit am Telefon und bei Skype, wie das heutzutage üblich ist.

Wir trafen Marcs Freunde digital auf einen Wein, mit meiner Schwester und Familie aus der Schweiz wurde ein digitaler Fitnesstreff implementiert.

Allein bringt man bei der Hitze selten die Motivation für ein Workout auf, aber so macht es richtig Spaß!

 

Wir trauen uns weiterhin an Land um Spazieren zu gehen, wobei die Gendarmerie sehr präsent ist und uns schon ermahnt hat – es hieß, wir dürften nur einzeln und nicht zu zweit unterwegs sein, wobei das eine sehr strenge (und sinnlose) Auslegung war und der offizielle Wortlaut nun korrigiert wurde, wir leben ja im gleichen Haushalt.

 

Jeden Tag wird ein bisschen strenger kontrolliert, auch die Dinghy Fahrten müssen einen guten Grund haben und wer zum Schnorcheln oder Angeln zum 100m entfernten Riff fährt, wird sofort zurückgeschickt – auch wenn uns die gesundheitliche Gefahr hierdurch nicht ganz einleuchtet.

Auch wurden zwei Boote, die nach Europa wollten, von der Wasserschutzpolizei aufgehalten, obwohl es offiziell nicht verboten ist, das Land zu verlassen, es wird nur nicht empfohlen aufgrund der mangelhaften Seerettungskapazitäten momentan.

Sprich es findet eine willkürliche Auslegung über den Gesetzestext hinaus statt und da wir zu Gast in einem fremden Land sind, stehen wir dem hilflos gegenüber.

 

Dieses Gefühl der Unfreiheit ist uns völlig fremd und es macht uns zeitweise Angst – was wenn es noch schlimmer wird und wir das Boot nicht mehr verlassen dürfen, wie lange soll das noch so gehen, welche Perspektive haben wir?

 

In der Sorge vor der ungewissen nahen und ferneren Zukunft sind wir vermutlich alle vereint.

Jetzt konzentrieren wir uns auf das, was uns gut tut und lassen das sein, was uns verunsichert.

Nicht mehr dreimal täglich die neuen Zahlen checken und auch nicht auf der Martinique Cruisers Facebook Seite alle neuen Gerüchte oder Vorfälle nachlesen.

Stattdessen mehr Podcast hören, lesen, Blog schreiben, uns gegenseitig vorlesen, mal etwas Neues kochen oder backen. (Das nächste Projekt wird selbst Käse zu produzieren.)

Bewegung tut gut, auch wenn es nur das Schwimmen ums Boot herum ist und das Putzen des Rumpfes, bei mir immer gerne genommen. Oder wir drehen die Musik auf und tanzen zu zweit im Cockpit.

 

Auch Einkaufen gehört weiterhin zu unseren Hobbys, auch wenn man dafür jetzt anstehen muss.

Inzwischen hat auch ein Bootsshop wieder die Erlaubnis aus der Tür heraus zu verkaufen und wir besorgten uns zwei extra Dieselkanister für die Überfahrt – nochmal 24 Stunden länger motoren, yay!

 

So können wir die Zeit hier weiterhin genießen. Wenn es soweit ist, machen wir weitere Pläne.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Rainer von Marée (Dienstag, 31 März 2020 22:03)

    Mais oui,

    PANI PWOBLEM bzw. PAS DE PROBLEMES, also kein Problem steht auf meinem Souvenir T-Shirt von der Capitainerie aus Saint Anne / Martinique ". Could be worse, could be not raining" Immer genug frisches Wasser von oben, perfekte Temperatur für Hot Yoga, den besten Pool der Welt,..Was wollt Ihr mehr? Mein Sohn Paul - aktuell im Home Office für BMW - beneidet Euch. Das will,was heißen. Er saß damals auch dort fest, wenn auch nur als kurze Zwangspause in der selben Bucht auf Martinique wegen eines Fischnetzes in der Schraube mit immerhin noch einem Ausflug und 12 Flaschen Rum in der Destillerie Saint James. Also, der Mitleidszähler schlägt nicht aus.

    Bonne Chance et Bisous

    Rainer

  • #2

    Armin (Sonntag, 05 April 2020 20:28)

    ... ein Jahr segeln,
    um 6.00 ging`s los,
    kalt, 2 Freunde zum Abschied,
    ein großes Tor öffnet sich,
    das Tor zur Welt,
    es beginnt die große Fahrt,
    ein Kanal,
    dann der Kanal,
    lange Küsten,
    viele Besuche,
    das mittlere Meer,
    der große Ozean,
    Raketen zum Empfang,
    warmes Wasser,
    warme Luft,
    schöne Inseln,
    viele Segelfreunde,
    ein tolles Paar ... auf der sun odyssey,
    viele Herausforderungen gemeistert,
    und bestimmt auch die Unsichtbare,
    bald kommt der große Sprung nach Osten,
    die alte Welt wartet auf euch,
    wir freuen uns,
    egal wann und wo,
    genießt weitere Abenteuer,
    und allzeit gute Fahrt ...
    Armin