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Vor einem Jahr…

Zur Feier des Tages wurde ein Sekt geköpft und mit unseren Freunden Marco und Karin angestoßen. Sie sind zufälligerweise die ersten Langfahrer, die wir noch im April in Scheveningen kennen gelernt haben.

Wer hätte gedacht, dass wir knapp ein Jahr später gemeinsam in Martinique festsitzen und zusammen die Rückfahrt über den Atlantik planen! Damals dachten wir noch, wir würden eine Saison früher als sie in die Karibik und anschließend weiter über den Pazifik segeln. Pläne ändern sich und das ist auch gut so.

 

Vor einem Jahr, um 6 Uhr morgens ging es los.

 

Wir hatten das Boot erst gerade so hergerichtet, dass man darauf schlafen konnte und schon am nächsten Morgen starteten wir durch den Nord-Ostsee Kanal. Die Aufregung vor dem Schleusentor, die Kälte, die wunderschöne Kanalfahrt, all das ist uns noch in sehr guter Erinnerung. Und am nächsten Tag noch vor dem Morgengrauen von Brunsbüttel aus dem Kanal durch die Schleuse in die Elbe – unser Tor zur Welt.

 

Ein Jahr später finden wir uns auf unserem liebgewonnen schwimmenden Zuhause in Martinique. Anders als geplant und anders als wir uns das damals hätten vorstellen können. Wir sind glücklich über alles, was wir im vergangenen Jahr erleben und erfahren durften.

 

Wir sind auf dieser Reise voll auf unsere Kosten gekommen. Der Anfang war noch geprägt von Kälte, Bootsreparaturen und -ausrüstung, Zeitdruck und viel Strecke machen. Nachdem die Entscheidung getroffen war, die Saison im Mittelmeer zu verbringen und nicht mehr im Mai über den Ozean zu segeln, kam die Entspannungsphase. Zeitgleich waren wir im Süden angekommen und der Frühling ging sehr schnell in den Sommer über. Wir machten nur noch kurze Strecken, lernten mehr Segler kennen, das Leben an Bord, das Segeln und Ankern wurde mehr und mehr zur Routine.

 

Wir probierten alles Mögliche an Segelkonfigurationen aus und gewannen mehr Vertrauen in uns und das Boot. Die seglerisch einfachen Leichtwindsegeltörns wurden ergänzt durch die Herausforderungen der Straße von Gibraltar.

 

Plötzlich hatten wir ganz viel Besuch, der die Reiseplanung strukturierte, was okay war, denn wir hatten kein striktes Ziel mehr. Zum Ende der kleinen Mittelmeerrunde juckte es uns in den Fingern die größeren Strecken zu wagen. Erst 4 Tage nach Madeira, dann von den Kanaren 7 Tage auf die Kap Verden, dann 13 Tage nach Französisch-Guyana in Südamerika.

Auf der anderen Seite angekommen waren wir wieder auf einem ganz anderen Level. Gerade nach der Autopilotenpanne auf See, die wir erfolgreich gemeistert haben, kann uns gefühlt nichts mehr schocken. Der nächste 5-Tagestörn nach Tobago war plötzlich ein Klacks. Trotzdem genossen wir die kurzen Tagestörns von Insel zu Insel in der Karibik.

Wir sind begeistert von dieser Welt, die ganz anders ist als Europa, die Natur und vorallem die Kultur. Von der Gelassenheit und der positiven Lebenseinstellung möchten wir gerne etwas mit nach Hause bringen.

 

Nun geht die Reise etwas anders vorbei als geplant, die nördlichen Karibikinseln können wir nicht mehr bereisen und auch die Azoren und Großbritannien werden wir wohl nur im Vorbeifahren in Quarantäne erleben.

 

Dieses Jahr kann uns keiner nehmen und wir werden ein Leben lang davon zehren. Wer weiß, was die Zukunft für uns bereit hält.

 

Die Zeit vergeht nun doch schneller als gedacht. Es hat sich nicht viel verändert, wir dürfen weiterhin mit unserem ausgefüllten Zettel an Land, um Einkäufe zu erledigen und uns in 1km Umkreis sportlich zu betätigen. Wir gehen ab und an zum Bäcker und genießen die französischen Pain au chocolat und Croissants, kaufen ein paar frische Sachen und verbinden das meist mit einem Spaziergang. An den anderen Tagen verlassen wir das Boot gar nicht, bzw. nur zum „Duschen“ also ins Wasser hüpfen und anschließendes Absprühen mit Süßwasser. Oder wir fahren kurz bei einem der anderen Boote vorbei und hören, was es bei denen so Neues gibt.

Der tägliche Fortschritt der neu angepflanzten Kräuter, der neuen Haarschnitt, was gab es bei euch heute zu essen, welches Buch lest ihr gerade oder welche Maske setzt ihr neuerdings zum Einkaufen auf, solche wichtigen Dinge eben.

 

Noch ist die Zeit für den Sprung zurück nicht gekommen, aber Anfang Mai wird es wettertechnisch wahrscheinlich so weit sein. Bis dahin, wait and see...

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Jan (Sonntag, 12 April 2020 16:38)

    Schön, dass ihr mit der veränderten Situation so positiv umgeht.
    Ich denke an euch und schicke euch liebste Ostergrüße!